3.2_ umbau des bildungswesens

Mittwoch, 10. November 2004

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gb16_004

Umbau des Bildungswesens in Südafrika

Für das Apartheidsregime war das Bildungswesen ein wichtiger Eckpfeiler der Rassentrennung. Kinder wurden getrennt nach Hautfarbe unterrichtet.
Nur für Weiße galt die Schulpflicht, Schwarzen erschwerte man den Schulbesuch.
Weiße erhielten kostenlos Lehrmaterial, Schwarze mussten jedes Schulbuch selbst bezahlen. Auf 20 weiße Schüler kam ein Lehrer, bei Schwarzen betrug das Verhältnis bestenfalls 50:1.

Während 35 Prozent der weißen Schüler eine Oberschule besuchten, lag der Anteil der Schwarzen bei sechs Prozent.
Als die Kritik an der Apartheid im Ausland wuchs, wurden 1960 gesonderte Universitäten für Schwarze, Farbige und “Inder” gegründet.
Die meisten Professoren und Assistenten an diesen Hochschulen waren Weiße, nur wenige Schwarze wurden zum Studium zugelassen.

Ende der 70er Jahre studierten an Südafrikas Hochschulen etwa 70.000 weiße und knapp 8.000 schwarze Studenten - obwohl viermal so viel Schwarze wie Weiße im Land lebten.
Im Kampf gegen die Apartheid standen schwarze Schüler und Studenten an vorderster Front.
Im Jahre 1976 kam es im Township Soweto zum Schüleraufstand. Tausende Schüler protestierten gegen die Einführung von Afrikaans, der Sprache der Buren, als Unterrichtssprache an Mittelschulen für Schwarze.
Sie weigerten sich, weiter die Schule zu besuchen und forderten die Polizeikräfte des Staates in Straßenschlachten heraus. Diese schlugen die Revolte blutig nieder.
Am 16. Juni wurde eine Demonstration zusammengeschossen, 200 Menschen starben.
Monatelange gewaltsame Proteste folgten und am 12. September 1977 wurde der Studentenführer Steve Biko in Polizeigewahrsam ermordet.

Der Ausbau und die Umgestaltung des Bildungswesens gehören seit 1994 zu den vorrangigen Aufgaben der südafrikanischen Regierungen unter den Präsidenten Nelson Mandela und Tabo Mbeki.
Allein im Zeitraum 2000/2001 wurden 26 Prozent der Staatsausgaben in die Bildung investiert. Um die Apartheid entgültig zu überwinden und Chancengleichheit zwischen den Bevölkerungsgruppen herzustellen, muss neben dem Ausbau des Schulwesens vor allem die Erwachsenenbildung vorangetrieben werden.
Der Grund: Die Analphabetenrate ist mit 15 Prozent noch immer sehr hoch, betroffen sind in erster Linie Schwarze. Im Rahmen des staatlichen Adult Education and Training Program (ABET) werden derzeit in 2.371 Zentren etwa eine Viertelmillion Erwachsene unterrichtet. Hinzu kommen Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen. Verdienste bei der Alphabetisierung hat sich auch die South African National Literacy - Initiative erworben. “Dreißig Jahre wird es dauern”, meinte Südafrikas Erziehungsminister Kader Asmal im Jahre 2002, “bis die ungerechten Folgen der Apartheids-Ära überwunden sind”.

Seit 1996 besteht für alle Südafrikaner der Altersgruppe von sieben bis 16 Jahren Schulpflicht, das Recht auf eine Grundausbildung ist in der Verfassung verankert. Unterrichtet wird - je nach Wahl der Schüler und Studenten - in jeder der elf Amtssprachen. Im Schulsystem existiert ein Nebeneinander von öffentlichen und privaten Einrichtungen.

Kernbereiche des Schulwesens sind die siebenjährige Grundschule und die fünfjährige Sekundarstufe. Die Grundschulausbildung ist kostenlos, für den Besuch einer High School müssen Gebühren entrichtet werden (hinzu kommen die Kosten für Schuluniformen und den Schultransport). Schwarze Schüler aus armen Familien erhalten Ausbildungsstipendien.

Nach wie vor ist das Bildungsgefälle zwischen weißen und schwarzen Südafrikanern groß und vielerorts werden die Schüler weiterhin getrennt nach Bevölkerungsgruppen unterrichtet. In den Townships und in den früheren “Homelands” lässt die schulische Infrastruktur besonders zu wünschen übrig. Schulalltag bedeutet hier Massenbetrieb.
Außerdem mangelt es in den Wohngebieten der Schwarzen, in Gegenden mit schwierigem sozialen Umfeld und zunehmender Gewalt, an qualifizierten Lehrkräften. Und in den ländlichen Provinzen Südafrikas sind Schulwege von mehr als fünf Kilometern zu Fuß für Kinder keine Seltenheit.

Eine Umfrage im Auftrag der Regierung an 27.148 Schulen ergab im November 2001, dass 43 Prozent der befragten Schulen keinen Strom und 27 Prozent kein fließendes Wasser hatten. 80 Prozent verfügten über keine Bibliothek und 78 Prozent über keinen Computer. Mehr als 10.000 Schulen gaben an, dass sie zusätzliche Klassenzimmer benötigten.



Südafrika – die Reformdebatte im Bildungswesen

Die sozialpolitische Situation in Südafrika ist hauptsächlich durch drei Faktoren gekennzeichnet:
  • hohe Arbeitslosigkeit (38% der erwachsenen Bevölkerung),
  • eine hohe Analphabetenquote (37% funktionale Analphabeten, d.h. 13,5 Mill. Menschen)
  • sowie ein rasanter Anstieg der Verbreitung von HIV/AIDS.

Die ungleiche Verteilung von Vermögen, Einkommen und Zugang zu Bildung ist weiterhin durch ein starkes Stadt-Land-Gefälle sowie ein Gefälle zwischen weißer, farbiger und schwarzer Bevölkerung bestimmt, die in eklatanter Weise das Erbe der Apartheid-Ära spiegelt.

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